Bad Hersfelder Festspiele


Premiere: 1.07.2023 | Rock Oper

JESUS CHRIST SUPERSTAR

Andrw Lloyd Webber Tim Rice

Stückinfo

Jesus ein Superstar? Das klingt, als wäre Gottes Sohn zum Showgeschäft übergetreten! Judas befürchtet, dass Jesus die Kontrolle über seine begeisterte Fan-Gemeinde verliert und so sich selbst und seine Anhänger in Gefahr bringt. Um Jesus zu retten, vertraut er sich verhängnisvollerweise dem Hohepriester Kaiphas an. Und so kommt alles, wie es kommen muss.Die letzten Tage der Passionsgeschichte werden in dem Musical also aus der Perspektive von Judas, Jesus’ Freund und Verräter erzählt: der Einzug in Jerusalem, die Vertreibung der Händler aus dem Tempel, die Liebe Maria Magdalenas zu Jesus, die Auseinandersetzung zwischen Jesus und Judas und der Verrat, das letzte Abendmahl, das Urteil Herodes’, der Kreuzweg und Jesu Tod am Kreuz.Jesus Christ Superstar ist eine Geschichte über Ruhm und den letzten Weg eines Idols, über Anbetung und Hass, Glaube und Zweifel, Freundschaft und Verrat, Verzweiflung und Hoffnung, die der Geburt einer Weltreligion - und warnt vor Glauben, der zum Fanatismus wird.1971 feierte die Rockoper des damals noch vollkommen unbekannten Andrew Lloyd Webber Premiere und gehört seitdem zu den erfolgreichsten Bühnenstücken aller Zeiten. Der Stoff ist wie geschaffen für die Stiftsruine! Ob Funny Girl 2019, Titanic 2017/18, Kiss me Kate 2014 oder Anatevka 2012 – Stefan Hubers bisherigen Arbeiten in der Stiftsruine überzeugten nicht nur, sie begeisterten Kritiker und Publikum immer wieder.


Weitere Infos und Karten finden Sie auf: www.bad-hersfelder-festspiele.de

Kreativteam

Inszenierung: Stefan Huber
Musikalische Leitung: Christop Wohlleben
Choreographie: Melissa King
Bühnenbild: Timo Dentler und Okarina Peter
Kostüme: Okarina Peter
Lichtdesign: Pia Virolainen
Sounddesign: Joerg Grünsfelder

Cast

Andreas Bongard Jesus von Nazareth Tim Al-Windawe Judas Ischariot Sidonie Smith Maria Magdalena Frank Josef Winkels Pontius Pilatus Matthias Graf Kaiaphas Holden Madagame Annas Rob Pelzer König Herodes Ngako Keuni Apostel Simon u.a. John Baldoz Apostel Petrus u.a. Thiago Fayad Apostel Aquila u.a. Jürgen Strohschein Apostel Johannes u.a. Jaime Lee Rodney Apostel Phillipus u.a. Danilo Brunetti Apostel Bartholomäus u.a. Alan Byland Apostel Matthäus u.a. Stefan Gregor Schmitz Apostel Jakobus d. Ä. u.a. Maria Mucha Apostelin Junia u.a. Barbara Tartaglia Apostelin Martha u.a. Sara Lynn Boyer Apostelin Priszilla u.a. Ellie van Gele Soul Girl u.a. Danai Simantiri Soul Girl u.a. Giulia Vazzoler Soul Girl u.a. Samantha Turton Dance Captain/ Swing u.a. Janice Rudelsberger Herodes Show Girl u.a. Taryn Nelson di Capri Herodes Show Girl u.a. Joop Leiwakabessy Priester u.a. Max Best Priester u.a. Lemuel Pitts Priester u.a. Daniel Záboj Anhänger u.a. Johan Vandamme Anhänger/ Swing u.a. Laurent N’Diaye Anhänger u.a. Stefan Huber Regie Melissa King Choreografie Christoph Wohlleben Musikalische Leitung Okarina Peter Bühne und Kostüm Timo Dentler Bühne und Kostüm Pia Virolainen Lichtdesign Svein Selvik Co-Lichtdesign/ Operator






Pressestimmen

FAZ,Hans Riebsamen

„Jesus Christ Superstar“ überzeugt bei den Bad Hersfelder Festspielen Das Kreuz ist immer präsent: „Jesus Christ Superstar“ in der Stiftsruine. Was ist nur aus Jesus geworden? In der Stiftsruine in Bad Hersfeld tappt von ganz hinten ein tattriger Geistlicher mit einer Mitra auf dem Kopf auf die Bühne, steigt mühsam über eine überdimensionalen Figur des Gekreuzigten und liest wohlgesetzt aus einem Messbuch dem Publikum Worte der frohen Botschaft vor. Die Ministranten um ihn herum zucken jedes Mal erschreckt zurück, wenn er die Hand nach ihnen ausstreckt. Auf diese Aktualisierung mochte Regisseur Stefan Huber bei der Inszenierung von Andrew Lloyd Webbers Musical „Jesus Christ Superstar“ bei den Bad Hersfelder Festspielen nicht verzichten. Mit Aktualisierung am Beginn Nach diesem dazu erfundenen Vorspiel setzt die Musik ein und der müde Bischof entledigt seiner Prunkgewänder. Darunter kommt Jesus zum Vorschein, der Superstar der Jesus-People-Bewegung Anfang der Siebzigerjahre, gefeiert von seinen Hippie-Jüngern mit „Hosanna Heysanna Sanna Sanna Ho“. Nach der Premiere von 1971 protestierten konservative Gläubige, weil Judas, traditionell der Erzverräter, im Musical nachsichtsvoll als innerlich zerrissene, tragische Figur betrachtet wird, die eigentlich nur das Schlimmste verhindern möchte. In der Hersfelder Produktion kann von Blasphemie keine Rede sein. Sie beruht auf einer gut verständlichen, aber gegenüber der englischen Version entschärften deutschen Textfassung. Hier sorgt sich Judas, dass Jesus die Bewegung entgleiten und es zu Chaos und Toten kommen könnte. Tim Al-Windawe gibt diesem Gegenspieler Jesu eine kräftige Stimme und eine starke Präsenz und kann damit dem Jesus-Darsteller Andreas Bongard durchaus Paroli bieten. Der hat starke Szenen, wenn er die Souvenir-Händler, die mit dem Jesus-Konterfei geschmückte T-Shirts, Schirme, Bälle und anderen Tinnef anpreisen, aus dem Tempel vertreibt oder von Heil suchenden, Blinden, Lahmen und Aussätzigen bedrängt wird. Am eindringlichsten wirkt er indes im Garten Getsemani, wo er, auf dem Längsbalken eines überdimensionalen liegenden Kreuzes wie auf einer Kanzel stehend, sich an Gott wendet und ihn bittet, den Kelch an ihm vorübergehen zu lassen. Das Kreuz ist unübersehbar Dieses Kreuz ist neben der Figur des Gekreuzigten, die während des ganzen Stücks hoch über der Bühne pendelt und die Stiftruine in ein Gotteshaus rückverwandelt, das zentrale Requisit dieser Inszenierung. Es dient als Tribüne für Judas und Jesus, als Abendmahl-Tisch und zuletzt als ein von leuchtenden Neonröhren umfasster riesiger Marterbaum, an den der gefallene Superstar von den Häschern geschlagen wird. Doch damit geben sich die Bühnenbildner Okarina Peter und Timo Dentler nicht zufrieden, sie stellen auch auf der linken und rechten Nebenbühne auch noch die beleuchteten Kreuze der beiden Schächer aus, als wollten sie unter allen bekannten Kreuzigungen den Größenrekord brechen. Diese optische Bombastik ist nur auf der Riesenbühne der Stiftsruine möglich. Der Musik, dargeboten vom Festspielorchester unter Leitung des bewährten Dirigenten Christoph Wohlleben, merkt man an, dass dieses frühe Werke Webbers noch eine Rockoper war mit vielen verzerrten Gitarrenklängen. „Jesus Christ Superstar“, der absolute Hit des Musicals, wird in einer optisch aufgeladenen Choreographie schmissig dargeboten, wie überhaupt die Massenszenen mitreißend sind. Erfrischend frech ist der Showmaster-Auftritt Auftritt von Rob Pelzer als König Herodes, stimmlich stark, aber etwas kühl wirkt Sidonie Smith als Maria Magdalena, unter den Hohepriestern fällt Matthias Graf als Kaiaphas mit seinem tiefdunklen Bass auf. Gelangweilt hat sich während der zwei Stunden offenbar niemand, im Gegenteil: Die Besucher überschlugen sich mit Beifall.

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Hersfelder Zeitung,Kai A. Struthoff

Bad Hersfeld – Als Jesus ans Kreuz geschlagen wird, öffnet der Himmel seine Schleusen so, als weinte er um seinen eingeborenen Sohn. Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun, seufzt Jesus seine berühmten letzten Worte. Es sind diese ganz besonderen Open-Air-Momente in der Stiftsruine, die eine großartige Inszenierung unvergesslich machen. Das Stück beginnt ungewöhnlich: Ein greiser Priester in prunkvollem kirchlichen Ornat salbadert von göttlichen Versprechungen und grapscht zugleich nach den jungen Messdienern. Wie die Urchristen erscheinen dann die Jünger aus der Weite der Apsis, entreißen dem Greis die Insignien angeblich göttlicher Macht, schälen ihn aus dem protzigen Ornat und bringen so den wahren Jesus wieder hervor. So beginnt die größte Geschichte der Menschheit: Sie erzählt in farbigen Bildern rasant vorangetrieben von den Beats des zuweilen mit jammenden Gitarrenriffs an eine Rockband erinnernden Bad Hersfelder Festspielorchesters unter Leitung von Christoph Wohlleben. Rock-Oper bei den Bad Hersfelder Festspielen Die Rock-Oper erzählt vom kometenhaften Aufstieg des Mannes aus Galiläa zu Jesus Christ, Superstar. Andreas Bongard verkörpert Gottes Sohn stimmgewaltig – mal leise singend, dann laut kreischend – dabei zerbrechlich, selbstzweifelnd, zunehmend überfordert von all der Verehrung und in seiner Darstellung überaus eindringlich. Ebenso stark agiert Tim Al-Windawe als Judas in seiner Zerrissenheit zwischen dem Glauben an seinen geliebten Freund und seinem Zweifel an dessen Weg. Er ist der tragische Held, der sieht, wie Jesus immer mehr abhebt, wie ihm der Ruhm über den Kopf wächst, ihm alles zu viel wird. Judas mahnt zur Umkehr, bleibt aber unerhört und wird schließlich zum Werkzeug des teuflischen Bösen – woran er zerbricht. Die dritte im Bunde der Hauptdarsteller ist die hinreißende Sidonie Smith: Als Maria Magdalena ist sie mehr mütterliche Freundin als Geliebte. Sie kühlt Jesus die heiße Stirne und schenkt ihm Ruhe. Sie singt engelsgleich das anrührendste Lied des Stücks: „Wie soll ich ihn nur lieben“ – die verzweifelte Frage der Hure, die so viele Männer hatte, und ihr gutes Herz nun an den einen verliert. Ein Fest fürs Auge: Über die Kostüme und das Bühnenbild Stefan Huber inszeniert ein bildmächtiges, farbenfrohes und quicklebendiges Passionsspiel, über dem die ganze Zeit milde lächelnd, die Arme wie zum Segen von sich gestreckt, ein gewaltiger, sieben Meter großer Jesus schwebt – ins rechte Licht gerückt von Pia Virolainen und Svein Selvik. Das Bühnenbild und die Kostüme von Okarina Peter und Timo Dentler sind ein Fest fürs Auge und liebevoll bis ins Detail: So trägt Jesus einen unschuldig babyblauen Anzug mit rotem Herz auf der Brust, das an Superman erinnert. Sein Umhang ist dem Turiner Grabtuch nachempfunden. Die Apostel haben Leonardos „Letztes Abendmahl“ auf dem Gewand, Judas indes hat die Abbildung des Verräter-Kusses auf der Brust. Das Volk trägt kitschige Fan-T-Shirts. Das gewaltige Kreuz auf der Bühne dient liegend als Tanzfläche und Tisch, wird zum stillen Berggipfel und schließlich zum Fanal. Bunt und bildgewaltig: Wie ein Ramschmarkt wird die Tempel-Szene in Szene gesetzt.Überzeugend besetzt auch die Nebenrollen: Matthias Graf als dunkel-grollender Kaiaphas mit seinen wie Revolverhelden aus einem Italo-Western schwarz gekleideten Pharisäern. Besonders auffallend agiert hier Holden Madagame als keifender Annas. Stark auch Frank-Josef Winkels als von Zweifeln geplagter Pontius Pilatus, der schließlich nur Volkes Willen folgt und selbst seine Hände in Unschuld wäscht. Eine schrille Show für sich ist der Auftritt von Rob Pelzer als König Herodes mit seinen Show-Girls im Gefolge. Er verhöhnt Jesus und fordert ihn auf, Wunder zu vollbringen. So traurig es ist, diese an Ragtime-Jazz erinnernde Varieté-Revue ist einer der Höhepunkte eines an rasanten Szenen reichen Stücks. Getragen wird das Stück aber vom so vielfältig wie die Menschheit besetzten Ensemble und den mitreißenden Choreografien von Melissa King. Besonders schrill die Tempel-Szene, die an einen Ramschbasar voller Marktschreier erinnert, die kitschige Jesus-Devotionalien verhökern. Wenn aber der Chor „Hosanna“ anstimmt, und mit „Jesus-liebt-Dich“-Schildern durch die Stiftsruine tobt, dann erinnert das an die Flower-Power-, Friedens- oder auch Fridays-for-Future-Demonstrationen späterer Zeiten, vereint im Glauben an eine bessere Welt. Manch einer mag damit hadern, dass die längst zu internationalen Rock-Klassikern gewordenen englischen Originalsongs hier in deutscher Sprache zu Gehör gebracht werden – ein Zugeständnis an ein deutschsprachiges Publikum. Fast zehn Minuten Applaus, stürmischer Jubel und stehende Ovationen sind nach der Vorstellung der hoch-verdiente Lohn für die klatschnassen Darsteller – denn sie wissen wirklich, was sie tun ... (Kai A. Struthoff)




www.musicalspot.de,Sylke Wohlschiess

Großartig: Rezension „Jesus Christ Superstar“ in Bad Hersfeld 09.07.2023 – Musical-Rezension „Jesus Christ Superstar“ - Die Rockoper von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice - mit Andreas Bongard, Tim Al-Windawe, Sidonie Smith, Frank Winkels, Rob Pelzer u.v.a. Aus schwindelerregender Höhe blickt Jesus hinab auf das Geschehen, das sich in den ehrwürdigen Mauern der Stiftsruine entfaltet. Sein Blick ist gütig, die Arme weit ausgebreitet. Spannweite um die fünf Meter. Nein, die Rede ist (noch) nicht vom grandiosen Hauptdarsteller Andreas Bongard, sondern von der fast sieben Meter großen Jesusfigur, die zu Beginn der Rockoper „Jesus Christ Superstar“ hochgezogen wird und fortan über der Apsis schwebt, mit bester Sicht auf <>Stefan Hubers exzellente Inszenierung. jesus christ superstar musical bad hersfeld 37 Andreas Bongard als Jesus von Nazareth. Gänsehautmomente in der Stiftsruine Aus dem Jahr 1971 stammt das Werk von Komponist Andrew Lloyd Webber, für das Tim Rice auf Basis der vier Evangelien die Texte verfasste. Aus Judas‘ Sicht werden die Ereignisse in den letzten sieben Lebenstagen von Jesus Christus erzählt. Dass Judas nicht als „der Böse“, sondern vielmehr als sympathischer Kritiker mit lobenswerten Absichten dargestellt wird, hat „Jesus Christ Superstar“ von den Tagen der Uraufführung bis heute immer wieder Gegenwind aus Kirchenkreisen eingebracht. Umso tiefsinniger der Einstieg, den Regisseur <>Stefan Huber dem eigentlichen Beginn voranstellt: In einer Messe wendet sich ein greiser Priester an die Jugend der Welt, ermutigt sie „Baumeister inmitten von Trümmern zu sein“. Worte, die Papst Franziskus im November 2021 während einer Jugendmesse im Petersdom sprach. Man spürt die Sanftmut, die von dem Kirchenmann ausgeht, wenn er die zittrigen Hände wie segnend den jungen Messdienern entgegenstreckt. Diese jedoch schrecken trotz seiner fast heiligen Ausstrahlung zurück. In die Messe platzen die Apostel. Sie stoßen die Mitra vom Kopf des gebrechlichen Priesters und zerren das Messgewand zu Boden. Judas zerreißt die Kreuzkette. Zum Vorschein kommt ein junger Mann – Jesus. Parallel gleitet die riesige Jesusfigur in die Höhe, Glockenklänge wehen durch die Stiftsruine. jesus christ superstar musical bad hersfeld 47 Jesus wird gefangengenommen. Dies wirkt unglaublich intensiv, fast, als würden sich die Zeitlinien überkreuzen: Das Mittelalter, als in der Stiftskirche Gottesdienste gefeiert wurden, die Zeit um 33 n. Chr. und die Gegenwart, in der Okarina Peter und Timo Dentler diesen geschichtsträchtigen Ort in die ideale Kulisse für das Musical „Jesus Christ Superstar“ verwandelt haben. Wo sonst nur leere Fensterbögen zu sehen sind, funkeln wieder bunte Kirchenfenster. Ein riesiges Kreuz auf Rollen ist flexibel einsetzbar, dient liegend als Abendmahlstisch, wird halbhoch aufgestellt, als Jesus im Garten Gethsemane mit Gott Zwiesprache hält und fungiert als Laufsteg. Von weit hinten führt eine schräge Ebene nach vorne, verschiebbare Treppen verbinden diese zweite Ebene mit der vorderen Bühnenfläche. <>Stefan Huber schickt sein herrlich bunt gemischtes Ensemble auf weite Wege durch die gesamte Spielfläche, der ganze Raum wird genutzt, inklusive der Gänge im Zuschauerraum. Sprühend vor Energie – auch mal mit kleinen artistischen Einlagen - wirbeln Apostel und Jesus-Anhänger in weiten Hosen aus schillerndem Stoff und Shirts mit passend farblich abgestimmten Ärmeln durch die Szenerie. Auf die Kostüme lohnt ein genauer Blick, denn was Okarina Peter und Timo Dentler hier geschaffen haben, ist in höchstem Maße kreativ und so vermutlich noch nie auf einer Theaterbühne zu sehen gewesen. Einzigartige Kostüme Die Shirts der Apostel zeigen jeweils einen anderen Ausschnitt aus Leonardo da Vincis „Das letzte Abendmahl“. Einzig Judas ist eine Ausnahme: Seine Bekleidung nimmt mit dem Bild „The Judas Kiss“ sein Handeln voraus. Gemalt wurde es Nicodemus Silivanovich, der 1834 im heutigen Belarus geboren wurde. Auch der Mantel des Herodes visualisiert, was er angeblich getan hat: „Der bethlehemitische Kindermord“ von Peter Paul Rubens. Pontius Pilatus‘ Umhang ziert ebenfalls ein Gemälde: „Ecce Homo!“, ein Werk des im Tessin geborenen Malers Antonio Ciseri. jesus christ superstar musical bad hersfeld 06 Noch sind alle guten Mutes... Die Jesus-Fans tragen mit Stolz ihre Fanshirts - mit Heiligenbildchen statt Rockband-Fotos. Der Star selbst ist in einen Mantel gehüllt, der dem Turiner Grabtuch nachempfunden ist, auf seinem Hemd prangt eine verbreitete Darstellung des Heiligsten Herzen Jesu, die sich auch auf den Flugblättern wiederfindet, die beim Einzug in Jerusalem – ohne Palmwedel, dafür ganz im Stil einer Demo mit Schildern und Spruchbändern - verteilt werden. Corporate Identity vor 2.000 Jahren und ein Beispiel für die Liebe zum Detail, die die Arbeit von Okarina Peter und Timo Dentler auszeichnet. Das Merchandise-Angebot im Tempel könnte leicht den einen oder anderen Star von heute vor Neid erblassen lassen: Schirme, Poster, Flaggen, Taschen, Ballons, Luftmatratzen, Kissen, Plastikweihnachtsbäume und die Heilige Familie als Badeinsel-Edition – es gibt nichts, was es nicht gibt. Diese Szenen zeigen eindrucksvoll, wie man „Jesus Christ Superstar“ in die heutige Zeit holen kann, ohne das Werk krampfhaft modernisieren zu wollen, wie man aktuelle Bezüge und Denkanstöße schafft, ohne dem Publikum den moralischen Zeigefinger vorzuhalten. Es ist eine Freude zu sehen, wie Regie, Ausstattung und auch Melissa Kings sehr natürlich wirkende Choreografie ineinander greifen und ein vielgespieltes Musical zu einem völlig neuen Erlebnis machen. Wenn dann noch die musikalische Umsetzung so perfekt gelingt, bleiben keine Wünsche offen. jesus christ superstar musical bad hersfeld 12 Maria Magdalena (Sidonie Smith) tröstet Jesus (Andreas Bongard). Andrew Lloyd Webbers Kompositionen entfalten ihre treibende Intensität mit voller Wucht, wenn sie von einem großen Orchester interpretiert werden. Christoph Wohlleben führt seine ausgezeichneten Musikerinnen und Musiker kraftvoll-elegant durch die gesamten gut zwei Stunden, ohne Atempause, ohne den kleinsten Leerlauf. Tonmeister Joerg Grünsfelder sorgt für beste Soundqualität. Die Musik ist dominiert von Rock und Blues, aber auch Gospel und klassische Elemente erklingen. E-Gitarren wummern durch die Nacht, um gleich darauf von harmonischen Streicherklängen abgelöst zu werden. König Herodes‘ verspottet Jesus zu Ragtime-Rhythmen, Maria Magdalena besingt ihn mit einer wunderschönen Rockballade. Andreas Bongard, Tim Al-Windawe und Sidonie Smith in Bestform „Wie soll ich ihn nur lieben“ fragt sich Sidonie Smith in der Rolle der Maria Magdalena. Sie ist zur Stelle, wenn Jesus sie braucht, aber eine ihr gänzlich ungewohnte Scheu lässt sie sehr zurückhaltend agieren, was Sidonie Smith mit fein dosiertem Spiel umzusetzen weiß. Auch das taubenblaue Kleid, das das sonst übliche Rot nur mit einem Herz und einer Bordüre aufnimmt, unterstreicht diese Rolleninterpretation. Eine aus ihrem tiefsten Inneren kommende Verehrung bringt Maria völlig durcheinander. Von leise-fragend bis verzweifelt-rufend legt Sidonie Smith die ganze Bandbreite dieses Wirrwarrs der Gefühle in ihre wunderbar klare Stimme. jesus christ superstar musical bad hersfeld 36 Judas (Tim Al-Windawe) fleht Jesus (Andreas Bongard) an, seine Anhänger zur Mäßigung zu bewegen. Auch Judas wird von widerstreitenden Emotionen geradezu gepeinigt. Tim Al-Windawe rockt sich mit Leib und Seele durch die Ereignisse. Inbrünstig beschwört er Jesus mit vor Sorge fast überkippender Stimme, auf seine Warnungen zu hören und seine Anhänger zu mäßigen. Verzweifelt krallt er sich an Jesus‘ Mantel, im Gesicht pure Angst. Judas glaubt an die Sache und fühlt sich Jesus tief verbunden. Aber er ist sich sicher: Den Starkult um Jesus als „neuen König“ werden die herrschenden Römer nicht dulden, Judas fürchtet um das Leben aller, die sich um Jesus scharen – und trifft eine folgenschwere Entscheidung. jesus christ superstar musical bad hersfeld 59 Judas (Tim Al-Windawe) verzweifelt angesichts seines Verrats. Mit prägnanter Mimik und Gestik lotet Tim Al-Windawe seine Rolle bis ins kleinste Detail aus. Seine Verzweiflung über seinen eigenen Verrat wirkt absolut authentisch, seine gequälten Schreie bei der Selbstmord-Szene gehen unter die Haut. Enorme Bühnenpräsenz und ein starker Rocktenor machen Tim Al-Windawe zum ebenbürtigen Gegenpart des strahlenden Jesus Christus. Für dessen Darstellung hätte Regisseur <>Stefan Huber keinen besseren finden können, als Andreas Bongard. Bongards Darstellung des Jesus von Nazareth ist zutiefst menschlich. Kein cooler Superstar, sondern ein per se zurückhaltender Mann, dessen starke Visionen und Überzeugungen ihm die Anführerrolle aber mehr oder weniger aufdrängen. Zugleich wird Jesus immer wieder von Selbstzweifeln gequält. Subtil spielt Andreas Bongard heraus, dass Jesus sich in den ruhigen Momenten mit Maria Magdalena wohler fühlt, als inmitten seiner Fans. In deren Bewunderung sonnt er sich zwar, aber als ihre Forderungen überhandnehmen, weiß er sich kaum zur Wehr zu setzen und reagiert letztlich aggressiv. Dies aber so heftig, dass sich die Händler und Geldverleiher in Windeseile aus dem Tempel zurückziehen, die Kranken erschrocken von ihm ablassen und sogar der dauerwütende Judas verstummt. jesus christ superstar musical bad hersfeld 45 „Gethsemane“ Die Ambivalenz von Jesus‘ Emotionen vermittelt Andreas Bongard mit präzisem Spiel und natürlichem Charisma, das ihn für die Rolle geradezu prädestiniert. Hinzu kommt eine gesangliche Leistung, die ihresgleichen sucht. Andreas Bongard verfügt nicht nur über einen einprägsamen Tenor mit hohem Wiedererkennungswert, sondern brilliert mit perfekter Stimmführung und -kontrolle. Insbesondere im Solo „Gethsemane“ vermittelt Bongards Gesang zugleich schauspielerische Tiefe: Mal laut, mal leise, mit gezielt gesetzten Pausen und kurzen Passagen, in denen er Gott die Worte entgegenschleudert, um dann ohne hörbaren Übergang in die Kopfstimme zu wechseln. Auch in diesen Passagen steuert Andreas Bongard bewusst seine Stimme, lässt sich aber zugleich völlig in die Emotion des Augenblicks fallen – eine absolut herausragende Darbietung. jesus christ superstar musical bad hersfeld 52 König Herodes (Rob Pelzer) verhöhnt Jesus. Doch nicht nur die Darsteller der großen Rollen zeigen Glanzleistungen. Rob Pelzer holt alles aus seinem Part heraus und begeistert als stimmstarker König Herodes mit geziertem Gehabe, das gar nicht erst versucht, seine Bosheit zu kaschieren. Unter <>Stefan Hubers Regie gerät „Herodes“ nicht wie so oft zur Klamauknummer, sondern versprüht bitterbösen Sarkasmus. Frank Winkels kämpft als Pontius Pilatus mit seinen Ängsten und Gewissenskonflikten. Wird er wirklich derjenige sein, dem man die Schuld geben wird? Frank Winkels versteht es, in seiner kurzen Bühnenzeit den Konflikt des Pontius Pilatus nachhaltig darzustellen. Doch er hat keine Chance, Jesus zu helfen, dessen Tod lautstark von denjenigen gefordert wird, die ihn zuvor noch angehimmelt haben. Hier und im gesamten Stück agiert das gesamte Ensemble unter <>Stefan Hubers Personenführung großartig, es gibt intensive Blickkontakte und viel Interaktion. Ob Apostel, in deren Männerriege <>Stefan Huber drei Damen schmuggelt, oder Priester wie Matthias Graf mit tiefstem Bass als Kaiapas und Holden Madagame mit schneidender Stimme als bösartig-hinterlistiger Annas, alle sind mit vollem Herzen bei der Sache, singen und spielen auf höchstem Niveau. Bei „Jesus Christ Superstar“ treffen in den altehrwürdigen Kirchenmauern der Bad Hersfelder Stiftsruine ein kreatives Team, ein erstklassiges Ensemble, fantastische Hauptdarsteller und hervorragende Musiker zusammen und erwecken die „wohl größte Geschichte der Menschheit“ zu neuem Leben. Und so sind unter dem Bad Hersfelder Sommerhimmel wieder einmal ganz besondere Theatermomente garantiert. Wenn Ihnen die Rezension gefällt, freuen wir uns über Ihr „like“ für unsere FB-Seite: MusicalSpot.de Weitere Inhalte zu den Produktionen der Bad Hersfelder Festspiele hier auf einen Blick: „O Captain! Mein Captain!“: Rezension „Der Club der toten Dichter (Schauspiel), August 2022 „In meinem Herzen welche Glut“: Rezension „Goethe!“, Juli 2022 Leinen los: Rezension „Titanic“, Juli 2017 Ein Muss: Rezension „Show Boat“, Juni 2013 Darstellerprofil Frank Winkels




DOMRADIO.DE

12.07.2023 Theologe lobt “Jesus Christ Superstar” in Bad Hersfeld "So ein Thema begeistert"Auch in Zeiten hoher Kirchenaustritte strömten die Menschen ins Musical “Jesus Christ Superstar”, sagt der Theologe Marcus Leitschuh. Die Inszenierung in Bad Hersfeld beginnt mit einer Provokation und einem Fingerzeig zur Gegenwart.Der Sänger und Schauspieler Andreas Bongard spielt in Bad Hersfeld den Jesus von Nazareth. DOMRADIO.DE: Jesus Christ Superstar vor der Kulisse einer Kirchenruine. Besser geht es nicht, oder? Marcus Leitschuh (Theologe): Es passt sehr gut. Die letzten Tage, die letzten Stunden aus dem Leben Jesu Christi in einer Kirchenruine, die aber auch modernste Theatertechnik hat. Das ist einfach perfekt. Das passt und das macht Spaß. Jesus am Kreuz / DOMRADIO.DE: Im Zentrum ein gigantisches Kreuz, zehn Meter hoch, das im Mittelpunkt der ganzen Aufführung steht? Leitschuh: Ja, das liegt am Anfang auf Rollen auf dem Boden und es kann genutzt werden als Rampe. Dann nimmt man das Gewicht auf eine Seite und Jesus kann empor laufen. Oder es wird genutzt als Tisch beim letzten Abendmahl, immer wieder verrollt, an andere Stellen gebracht. Am Ende, man erwartet es natürlich irgendwo, ist es dann auch das Kreuzigungs-Kreuz. Jesus wird da angeschraubt, er ist ganz klein. Man kann sich das vorstellen bei einem Menschen, der fast zwei Meter groß ist - der wirkt sehr, sehr klein. Und dann wird er hochgezogen unter den Sternenhimmel. Das ist sehr eindrucksvoll und zeigt auch die Zerbrechlichkeit dieses Jesus Christus. Marcus Leitschuh "Das ist sehr eindrucksvoll und zeigt auch die Zerbrechlichkeit dieses Jesus Christus." DOMRADIO.DE: Die große Frage bei diesem Musical ist ja immer: Passt das noch in unsere Zeit? Was würden Sie sagen? Leitschuh: Das ist faszinierend. Dieses Stück wird bejubelt in einer Zeit, wo wir parallel die Meldung hatten in der Premierenwoche, dass die höchsten Kirchenaustrittszahlen da sind. Die Menschen sind begeistert von dieser Geschichte und auch berührt von den Botschaften, die der Regisseur und die Choreografie und die Schauspielerinnen und Schauspieler rüberbringen, nämlich dass Heilung möglich ist, dass Freundschaft möglich ist, dass Vergebung möglich ist, dass Liebe möglich ist und dass es Gottes Segen gibt. Und das ist doch eigentlich wunderbar, gerade in dieser Zeit, wenn man das erlebt, dass so ein Thema begeistert. Das Stück wird in einer alten Kirchenruine aufgeführt / DOMRADIO.DE: Wie sehen die Kostüme aus? Die Jünger zum Beispiel, wie werden die dargestellt? Leitschuh: Es gibt historische Andeutung. Der römische Herrscher hat ein Gewand an, das auf der einen Seite an einen klassischen Römer aus einem Sandalenfilm erinnert. Der Herodes trägt den Kindermord von Rubens als Motiv auf seinem Kostüm. Jesus hat das Turiner Grabtuch um als so eine Art Kutte, die er trägt. Es werden immer Fotografien und Ausschnitte aus berühmten Gemälden der Kirchengeschichte sozusagen verfremdet. Und die Jünger Jesu tragen dann von Da Vinci zum Beispiel Ausschnitte vom Letzten Abendmahl. Marcus Leitschuh "Dann grabscht er auch Richtung der Messdiener, die angstvoll vor ihm zurückweichen - also eine ganz radikale Aktualisierung in die Gegenwart." DOMRADIO.DE: Man darf so ein Musical ja nicht groß verändern, aber man hat sich in Bad Hersfeld was einfallen lassen. Leitschuh: Ja, man hat es aktualisiert, bevor das eigentliche Stück beginnt. Da kommt ein sehr alter, gebrechlicher Priester durch die riesige Ruine ganz langsam nach vorne gelaufen, hat ein paar Messdiener dabei mit Weihrauch. Die sehen alle nicht mehr ganz frisch aus: ihre Gewänder sind halb zerlumpt, dreckig, ein bisschen durchgeschwitzt. Er hält eine fünfminütige Predigt, die tatsächlich auch in jeder Kirche heute gehalten werden könnte. Wo man sich immer fragt, ist das jetzt Satire oder ist das tatsächlich ein Zitat? Dann grabscht er auch Richtung der Messdiener, die angstvoll vor ihm zurückweichen. Also eine ganz radikale Aktualisierung in die Gegenwart. Der Sänger und Schauspieler Tim Al-Windawe spielt den Judas Ischariot Dann kommt der Kniff: Beim allerersten Ton der Ouvertüre kommen die Jesus-Jünger und ziehen diesen Mann aus. Man muss immer wissen, die ersten Töne sind die späteren Peitschenhiebe, die auch dann auf Jesus ausgehen, und in diesen Peitschenhieben entreißen sie ihm quasi diese alten Gewänder. Darunter kommt dann der Darsteller des Jesus zu Tage, der dann aus dieser Rolle heraus den Jesus spielt. Also eine Provokation, die aber nicht ein großer Aufreger ist, sondern eher zeigt, dass man dieses Stück durchaus aktualisieren darf. Marcus Leitschuh "Es lohnt sich auf jeden Fall für jene, die sich von Jesus Christus berühren lassen möchten." DOMRADIO.DE: Das ganze Spektakel kostet unter der Woche 50 Euro, an den Wochenenden 70 Euro. Lohnen die sich? Leitschuh: Auf jeden Fall. Sie haben ein Orchester mit 23 Menschen, mit einem super Dirigenten, mit den besten Schauspielern und Sängern, die man hier in Deutschland im Sommer erleben kann im Bereich von Musicals. Sie haben eine grandiose Kulisse. Wenn das Wetter noch mitspielt, haben sie auch einen tollen Abend vorher und nachher. Und ganz ehrlich: Wenn Sie heute in ein großes Musicalhaus fahren, da zahlen Sie zum Teil für die besten Plätze 200 Euro. Das lohnt sich auf jeden Fall, nach Bad Hersfeld zu fahren. Nicht nur, wenn man sich von der Geschichte von Jesus Christus schon begeistert fühlt, sondern vielleicht auch berühren lassen möchte. Das Interview führte Tobias Fricke.




musicalzentrale,FRANK GUEVARA PÉREZ

Es mag bei all den spannenden und interessanten neueren Musicalstoffen nicht sonderlich innovativ erscheinen, “Jesus Christ Superstar”, den über 50 Jahre alten Klassiker, auf den Spielplan der Bad Hersfelder Festspiele zu setzten. Mit seiner Version schafft Regisseur Stefan Huber mit seinem Team und allen voran seiner fantastischen Besetzung jedoch einen neuen – und auch im Jahr 2023 noch spannenden – Blick auf die Passionsgeschichte Jesus Christus’. Natürlich ist die Stiftsruine Bad Hersfeld wie geschaffen für eine Inszenierung von “Jesus Christ Superstar”. Von der einst im romanischen Stil im Jahr 1038 erbauten Stiftskirche sind nur noch die für den Baustil typischen hohen, dem Himmel entgegenstrebenden Außenmauern mit ihren halbrunden Fensterbögen erhalten. An der Stelle, an der sich heute die Bühne der Bad Hersfelder Festspiele befinden, war einst der große Altarraum. Das Motiv des Spielortes und der Handlung aufgreifend, liegt vor Beginn der Show eine überdimensional große Figur des gekreuzigten Heilands mit zur Seite ausgestreckten Armen quer über der Bühne. Vor ihm das dazugehörige Kreuz. Beide Requisiten wirken, als würden sie direkt aus einer besseren Zeit der Stiftskirche entstammen. Der Bad Hersfelder Inszenierung von “Jesus Christ Superstar” wurde ein morbider Prolog vorangestellt, in welchem ein nur noch mit Mühe aufrechtstehender Gottesmann mit zitternder Stimme eine Messe zelebriert, bei der er über das Reich Gottes philosophiert. Ein Ministrant, der sein Redemanuskript hält, kniet vor ihm; zwei weitere Ministranten stehen völlig desinteressiert an seiner Seite und weichen nur aus, wenn ihnen der Priester körperlich zu nahe kommt. Mit Beginn der Ouvertüre schwebt die riesige Jesus-Figur in die Höhe und bleibt dort die gesamte Show über hängen. Die auf die Bühne kommenden Apostel nehmen dem Priester seine Kleidung ab und er entpuppt sich als Jesus selbst. Bereits dieser Einstieg in die Show zeigt, auf was es Regisseur Stefan Huber bei seiner Version von “Jesus Christ Superstar” ankommt: In ihrer gewaltigen Bildsprache ist die gesamte Inszenierung sehr auf das “Vorherbestimmte” ausgelegt. Mit verschiedenen Elementen nimmt die Inszenierung immer wieder das unausweichliche Ende der Geschichte vorweg. Sei es der omnipräsent über der gesamten Szenerie hängende gekreuzigten Jesus oder die Kostüme der Apostel, bei denen den Ausstattern Okarina Peter und Timo Dentler ein einfacher, aber besonders wirkungsvoller Kunstkniff gelungen ist: Auf den Shirts sind Ausschnitte aus Da Vincis “Das letzte Abendmahl” zu sehen. Dass hier wiederum auf eine Szene hingewiesen wird, die erst in der Zukunft stattfinden wird, fällt erst direkt dann ins Auge, wenn im zweiten Akt auch das Shirt von Judas sichtbar wird, das bis dahin immer mehr oder weniger durch ein Jackett verdeckt war. Auch auf seinem Shirt ist eine Gemäldeszene aus der Passionsgeschichte zu sehen. Allerdings nicht aus dem “Letzten Abendmahl”, sondern der Kuss, mit dem Judas Jesus verraten wird. Das auf der Bühne liegende Kreuz wird während der Show zum zentralen Requisit und dient mal als Verbindungssteg zwischen dem hinteren, höheren Bereich der Bühne mit dem Vorderen, mal als Tafel für das letzte Abendmahl oder – sehr eindrucksvoll – bei “Gethsemane” als Rampe, von deren höchsten Punkt Jesus seine Zweifel klagt. Wenn zum Ende der Show Jesus ans Kreuz geschlagen und dieses dann aufgerichtet wird, gelingt nochmal ein besonders symbolträchtiges Bild: Jesus wirkt im Verhältnis zu dem riesigen Kreuz geradezu winzig. Gleiches gilt für das Verhältnis von ihm zu der im Hintergrund immer noch hängenden Statue des Heilands. Kraftvoll treibend und unglaublich nuanciert wie selten in einem Open-Air-Theater klingt die Musik aus dem Orchestergraben unter der Leitung von Christoph Wohlleben. Bereits die Ouvertüre katapultiert das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes in die Story hinein. Es ist eine wahre Freude zu hören, mit wieviel Elan und Hingabe die 24 Musiker den mal rockigen, mal souligen und mal ruhig tragenden Score Lloyd Webbers spielen. Die Abmischung zwischen Orchester und Gesangsstimmen ist sehr gut gelungen. Die Texte sind auch in den Ensemblenummern jederzeit gut zu verstehen. Das ist umso erfreulicher, da man in Bad Hersfeld die nicht so häufig gezeigte deutschsprachige Fassung spielt. Ein äußerst glückliches Händchen haben die Bad Hersfelder in diesem Jahr bei der Besetzung von “Jesus Christ Superstar” bewiesen. Angefangen vom Ensemble, das unter dem Motto “Den König spielen die anderen” ihren Heiland derart ekstatisch verehren, dass Jesus Christus in dieser Inszenierung tatsächlich zum titelgebenden ‘Superstar’ avanciert. Die von Melissa King erdachten Choreographien mit ihren vielen schwindelerregenden und teils akrobatischen Elementen bewerkstelligt das Ensemble mit einer bemerkenswerten Mühelosigkeit, die der ohnehin schon straff inszenierten Show nochmal ein besonderen Drive gibt. “Jesus Christ Superstar” hat neben den drei großen Hauptrollen einige interessante Nebenrollen, die ebenfalls allesamt hervorragend besetzt sind: Holden Madagame ist als Hohepriester Annas ein toller wadenbeißenden Fiesling. Frank Josef Winkels vermag es, “Pilatus’ Traum” nicht nur mit seiner warmen, nachdenklichen Stimme, sondern auch mit seiner Mimik und Gestik einen ganz eigenen Charakter zu geben. Rob Pelzer legt Herodes in einer Mischung aus witzig-skurril und total wahnsinnig aus. Während “Herodes’ Song” bleibt dem Publikum immer mehr das Lachen im Halse stecken. Bei der Besetzung der Hauptrollen könnte es die Bad Hersfelder Inszenierung von “Jesus Christ Superstar” jederzeit mit einem West-End- oder Broadway-Revival aufnehmen: In der Titelrolle steht Andreas Bongard auf der Bühne. Mit all der Angewidertheit über dem Kult an der Person Jesus und dem Zweifel, dem er sich dann bei seinem großen Solo “Gethsemane” hingibt, gelingt ihm eine zutiefst menschliche Darstellung. Seine Stimmfarbe und sein Volumen haben einen großartigen Wiedererkennungswert und hallen auch lange nach der Show noch im Ohr. Sidonie Smiths wunderbar soulige Stimme ist wie geschaffen für die Songs der Maria Magdalena. Mit ihrem “Wie soll ich ihn nur lieben” sorgt Smith für einen besonderen Gänsehaut-Moment in der Show und auch schauspielerisch schafft sie es, Maria Magdalena neue Aspekte abzugewinnen. In einem Moment vergöttert sie beinahe hysterisch gemeinsam mit Jesus’ Jüngern ihr Idol und im nächsten Moment steht sie mit fragendem Blick am Rand der Bühne. So ist sie die eigentliche Verbindung zwischen der Figur des Jesus und seinen Aposteln. Sehr schön ist – auch weil es Sidonie Smith nochmal die Möglichkeit für einen größeren Auftritt im zweiten Akt der Show gibt – dass es das für die Filmversion von 1973 geschriebene Duett zwischen Maria Magdalena und Petrus “Lass uns neu beginnen” ebenfalls in die Bad Hersfelder Inszenierung geschafft hat. Alle Fäden bei “Jesus Christ Superstar” laufen bei der Figur des Judas zusammen. Die Geschichte wird in großen Teilen aus seiner Sicht erzählt. Er ist Kommentator des Geschehens, Ankläger und Entlarvender der Scheinheiligkeit der Jünger und schließlich natürlich Verräter, der Jesus ans Messer liefert. Tim Al-Windawe vereinigt all diese Rollen in sich. Es ist spürbar, wie sich seine Zweifel immer höher schaukeln und er für sich keine andere Möglichkeit als den Verrat an Jesus sieht, an dem er dann ebenfalls zugrunde gehen wird. Al-Windawes führt mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz durch die Show. Bereits sein erster Auftritt bei “Weil sie ach so heilig sind” strotzt geradezu vor Energie und Wut. Das Zusammenspiel zwischen den drei Hauptcharakteren Jesus, Judas und Maria Magdalena ist enorm authentisch. Meist endet “Jesus Christ Superstar” mit dem am Kreuz sterbenden Jesus. Stefan Huber nutzt die letzten Takte des Orchesterstücks “John 19,41” allerdings nochmal für eines seiner Bilder, die diese Inszenierung so besonders machen. Er gibt eine mögliche Antwort auf die über der gesamte Show kreisenden Frage – nämlich ob Jesus tatsächlich Gottes Sohn ist. In der Bad Hersfelder Inszenierung löst Jesus zu den letzten Takten die Seile und Nägel mit denen er ans Kreuz genagelt wurde, steht auf und blickt ins Publikum.




Fuldaer Zeitung

Neu inszeniert: Jesus Christ Superstar feiert Festspiel-Premiere Bad Hersfeld (oz/pf) – Die 72. Bad Hersfelder Festspiele gehen weiter: Nach der großartigen Eröffnung gab es am Samstagabend in der Stiftsruine die tolle Premiere von „Jesus Christ Superstar“. Bad Hersfeld (oz/pf) – Die 72. Bad Hersfelder Festspiele gehen weiter: Nach der großartigen Eröffnung gab es am Samstagabend in der Stiftsruine die tolle Premiere von „Jesus Christ Superstar“. Endlich wieder „Jesus Christ Superstar“ in der Stiftsruine – neu inszeniert mit Welthits wie „Hosanna“ und vor allem dem gleichnamigen Stück zum Titel. Erfolgsregisseur Stefan Huber bringt die Rockoper in Bad Hersfeld auf die Bühne: „Seitdem ich den Film aus dem Jahr 1973 gesehen habe, bin ich fasziniert von der Rockoper. Bisher hat sich keine wirkliche Gelegenheit für mich ergeben, sie zu inszenieren. Und nun ist es endlich so weit Und dann auch noch in der wunderbaren Stiftsruine, in die es natürlich hervorragend passt !“. Intendant Joern Hinkel erfüllt dem Publikum in diesem Sommer einen langersehnten Wunsch: „Seit Jahren werde ich ständig gefragt, warum wir nicht wieder Jesus Christ Superstar spielen. Nun haben wir den Vorschlag aufgenommen, und Stefan Huber bringt eine großartige Fassung auf die Bühne der Stiftsruine.“ „Jesus Christ Superstar“ erzählt die letzten Tage der Passionsgeschichte aus der Perspektive von Judas. 1971 hatte die Rockoper des damals noch vollkommen unbekannten Andrew Lloyd Webber Premiere und gehört seitdem zu den erfolgreichsten Bühnenstücken aller Zeiten. In Stefan Hubers Inszenierung dient ein großes Kreuz als Bühne und bietet eine grandiose Plattform für Spiel und Choreografie (Melissa King). Timo Dentler und Okarina Peter zeichneten für das Musical „Titanic“ in Bad Hersfeld bereits für das Bühnenbild verantwortlich und gestalten nun gemeinsam Bühne und Kostüm für „Jesus Christ Superstar“. Sie haben sich durch die Stiftsruine „als idealen Spielort“ für „jesus Christ Superstar“ inspirieren lassen: „Das Musical in einer Kirche wie der Stiftsruine zu spielen, hat uns dazu verleitet, den Ort in seiner ursprünglichen Funktion einzubeziehen. So kam es zu dem zehn Meter langen und sechs Meter breiten Kreuz, das als Bühne, aber zum Beispiel auch als Tisch für die Abendmahl-Szene verwendet wird.“ Der Kreuzsteg ist auf einer fahrbaren Konstruktion gebaut, sodass das Ensemble ihn im Spiel bewegen kann. Timo Dentler: „Wir geben dem Stück durch das Kreuz und durch eine fast sieben Meter hohe Jesusfigur eine Klammerhandlung. Die Ikone des Jesus ist der Superstar! Die Figur ist nicht leidend, sondern schaut der Handlung zu wie ein stiller Beobachter.“ „Die Deutung der Figur des Titelhelden war auch für die Kostüme die Hauptinspiration,“ erklärt Okarina Peter. Jesus‘ Anhänger tragen T-Shirts mit Heiligenbildern und elf der zwölf Apostelinnen und Apostel haben individuelle Ausschnitte des Abendmahls von Leonardo da Vinci auf ihren bedruckten Oberteilen. Judas trägt von Beginn an das Bild des Kusses, durch den er Jesus verrät, auf seinem Gewand - und Herodes Mantel zeigt das Gemälde „Die Kindermorde“ von Rubens. Die Rolle des Jesus von Nazareth hat Stefan Huber mit Andreas Bongard besetzt. Er ist in ganz Deutschland, der Schweiz und in New York in Musicals in vielen Hauptrollen aufgetreten. Er wird das Publikum begeistern, ist sich Regisseur Stefan Huber sicher: „Andreas Bongard habe ich während der gemeinsamen Arbeit am Musical `Titanic´ kennen- und sehr schätzen gelernt. Er spielte damals den Funker Harold Bride. Er ist nicht nur höchst musikalisch, sondern auch als Typ wunderbar für die Rolle des Jesus.“ Neben der Rolle in der Erfolgsproduktion „Titanic“ in Bad Hersfeld kennen viele Andreas Bongard auch aus der Weltpremiere von „Das Wunder von Bern“ als Paul Ackermann. Er spielte den Toni in „West Side Story“ in St. Gallen oder auch Carl Bruner in der Deutschland-Premiere von „Ghost“ am Theater des Westens in Berlin. In der Ballettrevue „Bernstein Dances“ war er 2021 als Gesangssolist unter der Regie von John Neumeier an der Staatsoper Hamburg zu sehen. Auch Film- und Fernsehrollen übernimmt er, zum Beispiel in „Die Kaiserin“ (Netflix) oder in „Notruf Hafenkante“ (ZDF). An Andreas Bongards Seite wird in der Rolle der Maria Magdalena die gebürtige Amerikanerin Sidonie Smith auftreten. Das Multitalent mit einer außerordentlichen stimmlichen Bandbreite hat sich in Musicals und mit Konzerten in den USA und Europa einen Namen gemacht. Sidonie Smith spielte zum Beispiel Anita in „West Side Story“, Johanna in „Sweeney Todd“, Deloris Van Cartier in „Sister Act“, Rachel Marron und Nicki Marron in „Bodyguard - Das Musical“, Aida in „Aida“ oder Sally Bowles in „Cabaret“. Auch als klassisch ausgebildete Violinistin und Bratschistin präsentiert sie sich immer wieder ihrem Publikum und hat als Konzertsängerin ein internationales Standing. Zu ihren vielen Talenten gehört zudem das Komponieren. Auf YouTube werden ihre Songs und Videos millionenfach aufgerufen. Auch Tim Al-Windawe, der in der Rolle des Judas Ischariot auftreten wird, ist ein vielseitiger Künstler. Er beindruckte das Publikum in vielen Musicals, Schauspielen und auch in Konzerten mit Bigbands, wie der des WDR. Er übernahm Rollen in Musicals wie „Flashdance“, „West Side Story“ und „Hair“, aber auch in Schauspiel-Inszenierungen wie „Was ihr wollt” oder “Elektra”. Derzeit ist er festes Mitglied des Ensembles des Theaters Freiburg. Brillantes Ensemble Zum Ensemble des Musicals „Jesus Christ Superstar“ gehören außerdem: Frank Winkels, Mathias Graf, Holden Madagame, Rob Pelzer, Ngako Keuni, John Baldoz, Thiago Fayad, Jürgen Strohschein, Jaime Lee Rodney, Danilo Brunetti, Alan Byland, Stefan Gregor Schmitz, Sara Lynn Boyer, Barbara Tartaglia, Maria Mucha, Ellie van Gele, Giulia Vazzoler, Danai Simantiri, Samantha Turton, Janice Rudelsberger, Taryn Nelson di Capri, Joop Leiwakabessy, Max Best, Lemuel Pitts, Daniel Záboj, Johan Vandamme und Laurent N’Diaye. „Jesus Christ Superstar“ in der Regie von Stefan Huber feierte am Samstag in der Stiftsruine eine tolle Premiere. Es spielte das Orchester der Bad Hersfelder Festspiele live unter der Leitung von Christoph Wohlleben.